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    • Sekundäre Neuverteilung des IP-Adressraums. Kann der Staat dabei helfen?

      Juni 10, 2022

      Eine der Möglichkeiten, die Entwicklung des IT-Sektors zu unterstützen, besteht darin, den vorhandenen Adressraum des IPv4-Protokolls effektiv zu nutzen. Derzeit sind aufgrund des rasanten Wachstums der

      Informationstechnologien und der großen Anzahl von den mit dem Internet verbundenen Objekten, die IP-Adressen des alten, aber zuverlässig funktionierenden IPv4-Protokolls, knapp geworden. Allerdings ist die Einführung des neuen IPv6-Protokolls mit einer Reihe von technischen und organisatorischen Schwierigkeiten verbunden und wird immer noch für viele Jahre aufgeschoben.

      Der Mangel an IPv4-Adressen ist unmittelbar mit der technologischen

      Begrenzung des 32-Bit-IPv4-Protokollcodes verbunden, bei dem nur 4,3 Milliarden Zahlenkombinationen möglich sind. Dies reicht allerdings schon länger nicht mehr für den modernen IT-Sektor, in dem die Anzahl der Knoten in Informationsnetzen exponentiell wächst, aus. Es gibt mehrere Möglichkeiten, das Problem der Knappheit zu lösen. Zum Beispiel könnten alle Teilnehmer auf dem IT-Dienstleistungsmarkt auf das IPv6-Protokoll umsteigen. Sie könnten auch die NAT-Technologie (Network Address Translation) oder andere Methoden verwenden.  Im IPv6-Protokoll werden jedoch beispielsweise Informationssicherheitsprobleme nicht immer ordnungsgemäß gelöst und die Einführung dieses Protokolls erfordert hohe Anschaffungskosten neuer Geräte. Zusäsgtlich kann NAT nicht in allen vorhandenen Systemen verwendet werden. Gleichzeitig gibt es immer Mängel, die mit den Implementierungsfristen sowie den Anschaffungskosten für neue Ausrüstung verbunden sind. Unserer Meinung nach gibt es mehrere alternative Möglichkeiten, das derzeitige Problem der Verknappung zu lösen, sodass die Lebensdauer des IPv4-Protokolls und der damit verwendeten Ausrüstung verlängert wird, ohne erhebliche Investitionen in neue Geräte sowie in die Entsorgung von alten Ausrüstungen, und ein schrittweiser Übergang zum IPv6-Adressraum ermöglicht wird. Der Schwerpunkt dieser Methoden ist ein nachhaltiges Umgehen mit dem vorhandenen Adressraum des IPv4-Protokolls.

      Es erscheint so, dass es einen globalen Mangel an freiem IPv4-

      Adressraum in der Welt gibt. Außerdem gaben InternetRegierungsorganisationen bekannt, dass die IPv4-Adressen zu Ende gekommen sind… Die weltweiten Vorräte sind erschöpft! Eine Lösung wäre die Einführung neuer Netzwerke nach dem neuen IPv6-Protokoll, das eine unendliche Anzahl von IP-Adressen anbietet. Die Einführung neuer Netzwerke nach dem neuen IPv6-Protokolls ist aber mit objektiven Schwierigkeiten verbunden:

      Also wachsen die Kosten für IPv4-Ressourcen aufgrund des entstandenen Defizits ständig. In der Tat gibt es eigentlich keinen Mangel! Die Realität ist so, dass mehr als 30% des vorhandenen IPv4-

      Adressraums eingefroren und ungenutzt ist und ungefähr die gleiche Anzahl von Adressen nur scheinbar benutzt wird. Dies gilt für den gesamten in Europa verwendeten IPv4-Adressraum. Ein gutes Beispiel für die heutige Situation in Deutschland ist die Tatsache, dass einige

      Unternehmen einen Mangel an IPv4-Adressen und die anderen einen

      Überschuss an freien Adressen haben, es aber praktisch keine Transaktionen für die Adressen-Umverteilung zwischen den Unternehmen, sogenannte Transfer Agreements, gibt.

      Werfen wir einen genaueren Blick darauf.

      Gehen wir zunächst dreißig Jahre zurück, als die Verteilung des Internet Adressraumes unter den Teilnehmern des Informationsaustauschs gerade angefangen hat. Zu dieser Zeit war der potenzielle Mangel des IPv4-Protokolls nicht offensichtlich und der Adressraum wurde jeder Organisation zugewiesen, die ihn angefragt hatte, unabhängig von ihren aktuellen Bedürfnissen. In den Fällen, als ein Netzwerk /24 (256 Adressen) mehr als ausreichend wäre, wurde ein Netzwerk von /16

      (65512 Adressen) zugewiesen. Niemand zählte die zugewiesenen Ressourcen, weil man der Meinung war, dass sie für alle und für eine lange Zeit ausreichen würden. In erster Linie waren das Forschungsinstitute, Regierungsbehörden und Hochschulen, die die IP-

      Adressen auf solche Weise erhalten haben. Danach wurden IPAdressen unter großen Unternehmen und Firmen verteilt. Die damals zugeteilten Blöcke konnten nie vollständig genutzt werden, da die Internetteilnehmer damals nicht so viele Knoten in den Netzwerken hatten. Diese IP-Adressen gelangten „auf verstaubte Lagerregale“ und wurden sicher vergessen.

      Mit der Kommerzialisierung des Internets begann die Verteilung von IPAdressen zwischen Internet-Service-Providern, wobei der Nutzungsgrad von IP-Adressen bereits viel höher war. Aber eine große Anzahl von Blöcken wurde einmal an diejenigen übergeben, die nie geplant hatten, sie zu benutzen.

      Infolge dessen sind jetzt bis zu 30% der weltweiten IP-Adressen, die verschiedenen LIRs (Local Internet Registry) zur Verfügung stehen, was fast 1,3-1,4 Milliarden entspricht, eingefroren und im globalen Adressraum tatsächlich stillgelegt.

      Allein in Deutschland werden etwa 40 Millionen IP-Adressen offensichtlich nicht ausgenutzt und von den LIRs verwaltet, die ihre Funktion der Zuweisung nicht wirklich erfüllen, so im Vortrag von RIPE NCC (Réseaux IP Européens Network Coordination Centre – die europäische Gesellschaft für die Verwaltung von IP-Adressen.)[1]. Die meisten dieser nicht zugeordneten Ressourcen haben den LEGACY- [2] oder PI-Status[3].

      Nicht geringer ist das Problem mit den restlichen 70 Prozenten des Adressraums. Es ist kein Geheimnis für jeden, der mit IT zu tun hat, dass bei vielen Unternehmen in ihrer Entwicklungsphase Chaos bei der Verteilung des Adressraums herrschte. Ein einfaches Beispiel – ein

      Unternehmen verfügt über ein Netzwerk der Größe /16, das aus 256

      Netzwerken /24 besteht, und jede von denen verfügt über jeweils 256 IP-Adressen. Es war üblich, dass die Systemadministratoren für jedes neue Projekt ein /24-Netzwerk zuwiesen, ohne wirklich darüber nachzudenken, wie viele Knoten es in der lokalen Infrastruktur bedienen sollte. Im Endeffekt nutzte die Projekteinheit tatsächlich nur 5-10 IPAdressen, aber da die Route für das gesamte Netzwerk festgelegt worden war, wurde das gesamte Netzwerk /24 im System als besetzt markiert. Aufgrund der Besonderheiten der Ausnutzungsinventur von Netzwerken im regionalen Register RIR (Regional Internet Registry) kann deren Verteilung nicht tiefer als bis zu /24 nachvollzogen werden, daher wird solch ein Netzwerk vom außen als voll besetzt erkannt und somit in den Berichten der Weltstatistik nicht erfasst. Es gibt zahlreiche Beispiele solcher nicht nachhaltiger Nutzung von IP-Ressourcen.  Ein großer deutscher Konzern, dessen Namen wir hier nicht nennen möchten, startete ein neues Projekt und benötigte dafür ein /24Netzwerk. Es stellte sich heraus, dass obwohl das Unternehmen über mindestens 500 solcher Netzwerke verfügte, keines davon dem Projekt zugewiesen werden konnte, da sie alle „besetzt“ waren. Letztlich ergab sich, dass die IT-Admins dieses Unternehmens für jedes neu Projekt oder jede neu eröffnete Abteilung immer mindestens ein ganzes Netzwerk /24 (256 Adressen) zugewiesen haben, obwohl nur noch 5-10 IP-Adressen innerhalb dieses Netzes tatsächlich genutzt werden konnten. Darüber hinaus wurden diese Adressen selbst chaotisch zugeordnet und konnten zufallsmäßig, nicht optimal im zugewiesenen Netzwerk verteilt werden.

      Es scheint, dass große Unternehmen tatsächlich nur 15-20% des gesamten verfügbaren Adressraums nutzen können, obwohl ihre Netzwerke als voll besetzt gelten. Die restlichen der IP-Adressen sind so gut wie toter Last. Und es ist äußerst schwierig, diese Situation zu korrigieren; die Optimierung von Netzwerken durch Umordnen von Netzwerkknoten, die über die gesamte IT-Landschaft verstreut sind, in ein Netzwerk ist ein globales, schwer zu lösendes Problem für jedes Unternehmenssystem.

      Laut Berichten mangelt es an IPv4-Adressen, aber in Wirklichkeit gibt es keinen Mangel, es gibt nur Organisationen, die ihre IPv4-Ressourcen ineffizient und nicht nachhaltig nutzen.

      Wo findet man mögliche Lösungen dieses Problems? 

      Vor allem im Nachhaltigkeitsprinzip, der in letzter Zeit in Deutschland an Bedeutsamkeit gewinnt. Vorerst ist es notwendig Besitzer von ungenutzten Netzwerken zu erreichen, um ihre Netzwerke aus dem „eingefrorenen“ Zustand herauszuholen und die ungenutzten IP Adressbereiche für den Inhaber gewinnbringend zu verteilen, sowie benötigte Adressbereiche für Käufer zu beschaffen.

      Die von uns durchgeführte Analyse zu vorhandenen IP-Ressourcen ergab, dass viele Eigentümer von IP-Ressourcen nicht die Kenntnis über deren Besitz hatten. Vielleicht liegt es daran, dass diese Ressourcen von ihnen im Laufe der Zeit scheinbar vergessen wurden.

      Wie man ungenutzte IP-Netzwerke in einem Unternehmen findet, ist das Thema eines weiteren großen Artikels. Hier erzählen wir kurz, was jeder, der unerwartet, freie Netzwerke in seinem Besitz entdeckt hat, weiter damit unternehmen kann. IP-Adressen können heutzutage leicht zu Geld gemacht werden. Man kann sie verkaufen oder vermieten.

      Zum Beispiel, ein IP-Netzwerk /16 (65.512 Adressen) kann seinem

      Besitzer beim Vermieten monatlich etwa 30.000 € einbringen. Viele Besitzer von solchen Netzwerken wissen nicht, auf welchen Schätzen sie besitzen.

      Für die Vermietung können spezielle Handelsplattformen, sogenannte

      Market Places effektiv genutzt werden. Solche Plattformen gibt es in den

      USA, in England und in China. Die einzige Handelsplattform in der Europäischen Union ist der deutsche Marktplatz Interlir.com, der von unserer Firma Interlir GmbH entwickelt wurde. Mit Hilfe unserer Plattform können Sie ihre ungenutzten IPv4-Ressourcen an diejenigen vermieten, die sie tatsächlich benötigen.

      Unserer Meinung nach ist es möglich, den Staat selbst in den Prozess der nachhaltigen Wiederverteilung von IP-Ressourcen einzubeziehen, indem der Staat diesen Ansatz gesetzlich unterstützt und Eigentümer, die über überschüssige Ressourcen verfügen, zu solcher Umverteilung auffordern könnte. Weiterhin können sich die teilnehmenden Institutionen – Eigentümer von IP-Ressourcen – viel Geld für den Austausch von Geräten ersparen. So gibt es beispielsweise in den USA bereits Universitäten, die ihre aktuellen Aktivitäten finanzieren, indem sie überschüssige Adressflächen vermieten.

      Die Freisetzung neuer Adressräume wird sich positiv auf die Entwicklung des IT-Marktes in Deutschland und auch europaweit auswirken und ermöglicht es den sich entwickelnden sowie bereits etablierten

      Unternehmen, erhebliche Finanzmittel für den Ankauf teurer Geräte oder neuer IP-Adressnetze auf dem freien Markt zu sparen.

      Eine andere Möglichkeit besteht darin, ein globales Audit der Nutzung des Adressraums von Universitäten, Regierungsbehörden und Konzernen durchzuführen und  einen detaillierten Plan zu entwickeln, nach dem die vorhandenen IP-Ressourcen bei jedem geprüften Unternehmen umgeordnet und konsolidiert werden und somit ein neuer Adressraum freigesetzt und wieder verfügbar gemacht wird. Es gibt nur wenige Unternehmen auf der Welt, die über einmalige Erfahrungen in einem solchen Audit verfügen. Interessant ist es, dass eine ziemlich große Anzahl von IP-Adressen von Regierungsbehörden verwaltet wird, weshalb der Staat in diesem Prozess eine entscheidende Rolle spielen kann. Der freigesetzte Adressraum kann auch über die europäische Plattform Interlir.com unter allen Teilnehmern des IP-Marktes verteilt werden. In diesem Fall werden die Verbraucher von der Notwendigkeit entlastet, notwendige Adresskapazitäten von spontan entstehenden IPBrokern sowie von Dritt- und Auslandsunternehmen zu nicht plausiblen sowie manchmal nicht marktüblichen Preisen zu erwerben. Der offensichtliche Vorteil der Verwendung des Systems für die Umverteilung des Adressraums macht unsere Plattform auch auf staatlicher Ebene anwendbar zum Beispiel zur der Markt- und Preisregulierung solcher Ressourcen.

      Mit Rücksicht darauf, dass unser System aufgrund unikaler Technologien jedem Marktteilnehmer freien Zugriff zu IP-Ressourcen bietet, kann es für die Entwicklung nationaler sowie staatsübergreifender Systeme der Marktregulierung des IPv4-Protokolls in Europa eingesetzt werden.

      Weiterführende Links:

      https://www.bakermckenzie-kompass.de/2018/02/02/ip-adressen-einknappes-und-wertvolles-gut/

      https://www.arin.net/resources/guide/legacy/

      #:~:text=A%20legacy%20number%20resource%20is,inception%20on% 2022%20December%201997.

      https://labs.ripe.net/documents/137/

      RIPENCC_GermanyCountryReport_2019.pdf

      [1] RIPE NCC Deutschland Länderbericht | 2019, https://labs.ripe.net/documents/137/RIPENCC_GermanyCountryReport_2019.pdf

      [2] Legacy resources are those Internet number resources obtained prior to or otherwise outside the current hierarchical Internet registry system

      [3] A provider-independent address space (PI) is a block of IP addresses assigned by a regional Internet registry (RIR) directly to an enduser organization. The user must contract with a local Internet registry (LIR) through an Internet service provider to obtain routing of the address block within the Internet